Schon beim Einbiegen auf den nächsten Campingplatz wurde uns die allgegenwärtige Präsenz des Kletterns in dieser Region bewusst. So kamen wir nicht nur an einem kleinen Kletterladen vorbei, sondern waren auch von Kletterern mit freiem Oberkörper und angemessener Hippie-Ausstrahlung umgeben. Überall hingen Seile an den Bäumen und standen Vans herum, die offenbar nur dazu dienten, Kletterer zu den passenden Wänden zu befördern. Doch beim näheren Hinsehen erschloss sich mir nicht, wofür all diese Kletterer ihre Neoprenanzüge in der Sonne trockneten. Wie wir aber bald lernen sollten, ist das Klettern in Rodellar ein eher neues Phänomen. Das eigentliche Go-to in der Region ist das Canyonining. Aber dazu später mehr!
Der Campingplatz
Der „Camping Mascún“ zeichnet sich nicht nur durch seine vielen Bäume, sondern auch durch einen erdrückend schlechten Handyempfang aus. Daher sind wir direkt nach unserer Ankunft von Platz 9 auf Platz 6 gewechselt, da man dort zumindest gelegentlich Internet empfangen konnte, wenn man das Handy mit der richtigen Ausrichtung im Dachzelt positionierte. Die Bäume spendeten dafür viel Schatten, was angesichts der hohen Temperaturen während unseres Aufenthalts sehr angenehm war. Zusätzlich boten sie zahlreiche Möglichkeiten, eine Hängematte aufzuhängen. Das war sehr gut, denn in der Hängematte zu baumeln ist mir inzwischen zu einem lieb gewonnenen Hobby geworden.


Klettern

Die zahlreichen ausgewiesenen Kletterwände waren der eigentliche Grund für unser Interesse an der Region und wir sollten nicht enttäuscht werden. Nach einem kurzen Fußmarsch durch Rodellar hinab an den Fluss war man mittendrin in einem Klettergebiet, das sich durch momentan 728 Routen, davon viele überhängend, in gehobenem Schwierigkeitsgrad auszeichnet. Unser Kletterlevel ist hier eher an der unteren Kante angesiedelt. Wir trauen uns auf jeden Fall an die 6as und geraten bei 6bs und 6cs ins Kämpfen. Nachdem wir einen Kletterführer gekauft hatten, fanden wir mehrere Wände, die voller Routen für uns waren. Dazu gehörte ein kleiner trockener Canyon, in den nur mittags die Sonne fiel, sowie eine Nordwand direkt neben dem Fluss. Des Weiteren waren wir an einer Wand namens „El Camino”, von der aus man den Blick über das gesamte Tal und die zahlreichen Höhlen genießen konnte und die morgens auch noch im Schatten lag.
Die Routine an unseren Klettertagen war immer ähnlich. Nach dem Frühstück sind wir irgendwohin zum Klettern gegangen, bis es so warm wurde, dass wir förmlich zerschmolzen sind. Dann kühlten wir uns im Fluss ab, aßen etwas und wechselten zu einer Wand, die auf jeden Fall schattig war. Das war der erste wirklich konsequente Kletterteil auf dieser Reise.





Der Canyon
Unsere niederländischen Nachbarn waren langjährige Canyon-Erfahrene und äußerst nett. Sie haben uns stark dazu motiviert, eine geführte Tour zu machen. Auch andere Kletterer, die wir getroffen haben, berichteten begeistert davon, sodass wir uns schließlich dafür entschieden.
Unser Tourguide Kevin versorgte uns mit dem nötigen Material und brachte das notwendige Know-how mit, auf was man in der schmalen, felsigen Formiga Schlucht mit ihren vielen Rutschen und Pools achten muss, wenn man dem Wasser folgt. Unsere Tour begann am Parkplatz. Von dort aus sind wir zunächst auf einem Wanderweg mit teilweise klettersteigartigem Ausbau bis zum Einstieg gewandert. Am Einstieg haben wir uns dann in den Canyon abgeseilt. Die nächsten vier Stunden waren wir damit beschäftigt, auf steinernen Rutschen hinunterzusausen, in enge Felsspalten zu springen und uns in Wasserfälle abzuseilen, wobei wir meist in kleinen, tiefen Pools landeten, die mit klarem, kaltem Wasser gefüllt waren. Besonders spaßig ist mir ein acht Meter hoher Sprung in eine enge, kleine Schlucht und besonders gruselig das Durchtauchen einer kleinen Höhle in Erinnerung geblieben. Das war ein perfekter Pausentag vom Klettern und wir sind beide sehr froh, dass wir das gemacht haben.






Wandern
Wenn wir nicht gerade im Fluss gespielt oder an der Wand herumgehangen haben, waren wir auf Wanderungen unterwegs. Dabei haben wir großartige Landschaften mit hohen Felsen und tiefen Schluchten entdeckt. Wir haben aber auch ein verlassenes Dorf gefunden – wobei „verlassen” vielleicht zu hart ist, denn eine kleine Gruppe Ziegen ist hier eingezogen.






